Der CMD-Spezialist erklärt: Interview mit Dr. Christian Köneke (Bremen)

CMD heißt mehr als nur den Biss behandeln...

Im Gespräch mit CMD-Spezialist Dr. Christian Köneke (Bremen) über CMD und ihre Behandlung.

Am 26. und 27. September 2009 fand im Bremer Hilton-Hotel bereits zum 10. Mal das interdisziplinäre Bremer CMD-Symposium statt, das sich mit der Diagnosestellung und Behandlung der CMD beschäftigt hat. Hinter der Abkürzung CMD verbirgt sich der Begriff „Craniomandibuläre Dysfunktion“, was im engeren Sinne bedeutet, dass im Zusammenspiel zwischen Schädel und Unterkiefer etwas nicht richtig funktioniert. Dieses Gebiet ist das klassische Arbeitsgebiet der Zahnärzte, zu denen auch der Bremer CMD-Spezialist und Veranstalter des Symposiums Dr. Christian Köneke gehört. Allein der Zahnarzt reicht jedoch oft nicht aus, um Patienten mit dieser Erkrankung wirklich helfen zu können. Wir wollten wissen, wie Patienten erkennen woran sie leiden und wo und wie sie Hilfe finden können.

Herr Dr. Köneke, woran erkennt man als Patient, dass man CMD hat?

Bei den meisten Menschen sind Schmerzen das Hauptsymptom die deutlich über ein normales Maß hinausgehen. Die Patienten leiden oft unter Kopfschmerzen. Nacken- und Schulterbereich sind ebenfalls oft betroffen. Betroffene Patienten leiden oft auch unter Schmerzen im Gesichtsbereich. Tinnitus und Schwindel sind weitere Symptome, die mit der CDM im Zusammenhang stehen können. Typisch ist, dass eine „normale“ Erklärung für die Schmerzen und eine effektive Therapie nach den herkömmlichen Methoden nicht gefunden werden kann und klassische Anwendungen wie Physiotherapie allein oder das bekannte „Einrenken der Wirbel“ ebenso wie eine alleinige Zahnbehandlung keine dauerhafte Besserung bewirken können.

Wenn ich die Vermutung einer CMD habe, wohin wende ich mich?

Wenn ein begründeter Verdacht besteht, dann sollte man sich entweder beim Hauszahnarzt oder gleich beim CMD-Spezialisten melden. Dieser nimmt zunächst eine orientierende Untersuchung vor, um abzuklären, welche Teile des Körpers genau beteiligt sind und leitet, wenn nötig, weitere Untersuchungen bei anderen Ärzten des Netzwerkes ein. Ideal ist es, wenn der Behandler genau die Schnittpunkte zu den Kollegen kennt, deren Sprache spricht und die Patienten einer gezielten Diagnostik zuführt, die in einen ganz konkreten Therapieplan mündet.

Wie sieht ein solcher Plan aus? Was erwartet die Patienten?

Je nach Lage der Ursachen und Befunde können unterschiedliche Bereiche beteiligt sein. Der Orthopäde findet zum Beispiel Blockierungen, die gelöst werden müssen, der Physiotherapeut muskuläre Fehllagen. Der Augenarzt findet vielleicht eine unzureichend korrigierte Brille oder überhaupt erst die Notwendigkeit einer Brille. Die Zähne sind mit Fehlbisslagen und Kieferfehlstellungen sehr häufig ein Problem, wenn sie nicht richtig aufeinanderpassen. Manchmal merken die Patienten dies, wenn etwas im Mund verändert wurde, manchmal scheint die Ursache an anderer Stelle zu sein, geht aber meist doch auf die Zähne zurück. Wir Zahnärzte starten zunächst mit einer Schiene, die die Patienten 24 Stunden am Tag tragen müssen und die ganz individuell eingestellt wird. Diese sperrt zunächst den alten Biss, während mit der begleitenden orthopädischen Behandlung und Physiotherapie der optimierte Biss eingestellt wird. Ohne Orthopäden bzw. Osteopathen und Physiotherapeuten kommen wir bei fast keinem CMD-Patienten aus, wenn wir ihn langfristig stabil bekommen wollen.

Sie sagen, dass die Behandlung interdisziplinär, also fachübergreifend, mit anderen Co-Therapeuten erfolgen sollte und arbeiten dazu u. a. mit Orthopäden, Physiotherapeuten, HNO-Ärzten, Kieferchirurgen, Neurologen, Logopäden und vielen anderen zusammen. Wer steuert denn letztendlich diese komplexe Behandlung für den Patienten und sollte die Fäden in der Hand haben?

Die Fäden hat in der Regel der Zahnarzt oder der Orthopäde in der Hand, weil sich die Patienten hier als Erstes vorstellen und weil hier am deutlichsten die Probleme zutage treten. Wichtig ist für den Behandler, dass er durch Fachwissen der beteiligten Disziplinen und Wissen um die Zusammenhänge der CMD rechtzeitig einen Therapieplan mit Ko-Therapeuten für diesen speziellen Patienten zusammenstellen kann. Nur Ärzte, die über dieses Wissen verfügen, stehen der CMD-Therapie positiv gegenüber und können entsprechend vernetzen und helfen. Wobei man einräumen muss, dass man insbesondere Patienten mit starken chronischen Schmerzen nicht immer restlos helfen kann. Es gibt sicher noch viel Weiterbildungsbedarf auf diesem Gebiet, um eine generelle Akzeptanz der CMD-Therapie durchzusetzen.

Wie schätzen Sie den Stand der CMD-Therapie in Deutschland heute ein? Wo gab es Entwicklungen, wo wären diese nach Ihrer Meinung dringend notwendig?

Fachlich ist die CMD-Therapie in Deutschland heute dann außerordentlich erfolgreich, wenn interdisziplinär über ihr Fachgebiet hinaus informierte Kollegen Hand in Hand arbeiten. Dieses Wissen und seine Verbreitung nimmt zu und wir tragen unseren Teil dazu bei.

Wo findet man diese CMD-Spezialisten?

In jeder Großstadt gibt es mittlerweile circa ein bis zwei spezialisierte Praxen. Als Hilfe und Orientierung für die Patienten habe ich zudem auf der Internetseite www.cmd-therapie.de eine Such- und Informationsmöglichkeit für Patienten und Ärzte geschaffen, die die Spezialisten der jeweiligen Region beinhaltet.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Köneke.